Dynamische Materialanbindung: Warum ist das eine planerische Herausforderung?
Eigentlich doch ganz einfach: bekannte Kundenaufträge werden im Rahmen einer klassischen Auftragsfertigung bedient. Aber dann kommen Qualitätsabweichungen, Chargenkomplettierung und Terminprobleme ins Spiel. Die Folge: in einem Massengeschäft, wo viele Materialstücke, die in- und außerhalb vorgegebener Toleranzbereiche erzeugt werden (z.B. Geometrie, Oberfläche, mechanisch-technologische Eigenschaften), ist die Materialanbindung eine echte Herausforderung. In solchen Fällen muss die Materialanbindung dynamisch auf die tatsächlich vorliegenden Materialeigenschaften reagieren. Die Entscheidungen haben hierbei direkten Einfluss auf das Produkt- und somit das Unternehmensergebnis. Die Komplexität liegt darin, dass eine m:n-Beziehung zwischen verschiedenen Materialstücken und Kundenbedarfen besteht.
Unter folgenden Gegebenheiten ist eine „dynamische Materialanbindung“ unumgänglich:
- Kundenanonyme Vorfertigung bis zum Entkopplungspunkt und anschließende Fertigerzeugung unter Beachtung spezifischer Kundenanforderungen und Terminen. Dies führt z.B. zur Erzeugung kommissionsloser Brammen aufgrund technisch notwendiger oder optimaler Produktionslosgrößen
- Unvermeidbare Qualitätsschwankungen in der Produktion:
- Erzeugtes Material kann nicht mehr für den ursprünglichen Kundenauftrag genutzt werden, ergo muss man einen neuen Verwendungszweck für dieses Material suchen
- Der bedarfsauslösende Auftrag kann nicht mit genügend Material versorgt werden und somit ist ein Nachsetzen von Neuproduktion oder Umwidmung von vorhandenem Material notwendig
Worauf kommt es an?
Um die dynamische Materialanbindung zu automatisieren, ist die Überführung der meist komplexen Materialeigenschaften in systematisch auslesbare Attribute die wesentliche Grundlage. Nur so können die Eigenschaften des physisch vorhandenen Materials mit den kundenbezogenen Auftragsspezifikationen überprüft werden. Abhängig von Produkt und Fertigungsstufe variiert die Komplexität erheblich. Dabei ist die datentechnische Kodierung von Materialeigenschaften in der Metallindustrie fast immer individuell gelöst. Im schlechtesten Fall werden Materialeigenschaften in Freitextfelder oder sogar durch Handaufzeichnungen festgehalten. Ebenso ist die Kodierung von Kundenauftragsspezifikationen oft sehr individuell.
In der Metallindustrie wird dabei die Materialanbindung oft nur wenig systemunterstützt betrieben. Meist sind gut geschulte Mitarbeiter im Einsatz, die manuell ein komplexes Regelwerk berücksichtigen müssen, was teilweise nicht zu optimalen Lösungen führt. In IT-Tools wird die automatische, dynamische Materialanbindung üblicherweise als mathematisches Zuordnungsproblem formuliert, welches mit der Unterstützung von linearen Optimierungsalgorithmen (Solvern) gelöst wird. Dies erfordert die Bereitschaft, Expertenwissen transparent darzulegen und dieses in einem Regelwerk abzubilden. Das Zielsystem der Optimierung sollte dabei flexibel an die jeweils aktuellen Unternehmensziel angepasst werden können.
Fazit
- Die Materialanbindung beeinflusst das Produkt- und somit das Unternehmensergebnis erheblich. Deshalb sollte ein Fokus auf die Optimierung der Materialanbindung gelegt werden.
- Die technologischen Hürden zur Automatisierung einer dynamischen Materialanbindung waren aufgrund der rasanten Entwicklung der Digitalisierung noch nie so leicht zu überwinden wie heute. Also wagen Sie einen Start!